Homeoffice ist aktuell in aller Munde, und Firmen sahen sich mehr oder weniger über Nacht gezwungen, sich damit auseinanderzusetzen. Eine Kernfrage dabei ist immer : „Welchen Einfluss hat das Homeoffice auf die Produktivität meines Teams?“ Die Antwort darauf wird zwischen Unternehmen variieren, aber sie wird immer zwei Punkte beinhalten: Kulturbildung durch informelle Kommunikation und Reduzierung von Ablenkungen.
Mitarbeiter heben gerne hervor, dass sie produktiver sind, wenn sie von zu Hause arbeiten, weil sie zum Beispiel nicht so oft unterbrochen werden oder die Work-Life-Balance besser managebar ist. Beides ist in den meisten Fällen auch so – für ein paar Tage oder Wochen. Was oft erst zu spät erkannt wird, ist, dass die Aufgaben, die normalerweise im Büro automatisch passieren, im Homeoffice aktiv kompensiert werden müssen. Das erfordert Veränderungen der eigenen Arbeitsweise und vor allem der eigenen Kommunikation.
Es ist unrealistisch, von jedem Büro-Alltag-geprägtem Menschen zu erwarten, dass er die notwendigen Änderungen kennt und sich entsprechend selbständig anpasst. Zusätzlich ist es auch nicht im Interesse einer Firma, dass dieser Prozess auf individueller Ebene stattfindet. Ein wichtiger Teil für Teamarbeit ist das Bilden von gemeinsamen und sich ergänzenden Arbeitsweisen. Die Änderungen müssen also zusammen im Team erlebt werden.
Ein Framework für das Arbeiten im Homeoffice zu entwickeln, ist dabei sehr hilfreich, da es Erwartungen und damit einhergehende Werkzeuge kommuniziert. So ein Framework kann beliebig ausgebaut werden, es sollte aber die drei Bereiche Kommunikation, Arbeitsplatz und Soziales beinhalten.
Tipp 1: Benimm Dich gegenüber Deinen Kollegen genauso, wie Du es im Büro machen würdest.
Sag Hallo wenn Du anfängst und Tschüss, wenn Du gehst. Wenn Du Mittagessen gehst oder eine lange Pause machst, sag, dass Du in einer Stunde wieder da bist. Durch diese Kleinigkeiten bleibst Du im sozialen Kontakt mit Deinen Teammitgliedern und sie wissen, ob gerade Arbeitszeit für Dich ist.
Tools: Eine Messengeranwendung mit Gruppenchat z.B.: Slack, Teams oder Skype
Tipp 2: Mache non-verbale Kommunikation verbal
Im Büro siehst Du, wenn jemand am Telefon ist oder jemand gerade intensiv über etwas nachgrübelt. Im Homeoffice muss das explizit geschehen. Einfache Sätze wie „Bin in Meeting mit XXX“ und „Fertig mit Meeting“ oder „Muss mal 30 Minuten Text zu XXX gegenlesen“ informieren Dein Team, das Du jetzt gerade nicht verfügbar bist. Es ist dabei wichtig, das XXX nicht wegzulassen. Diese Information ist das Equivalent zum Mithören oder dem beim-Vorbeigehen-sehen, dass sonst automatisch im Büro stattfindet. Mit diesen kleinen Informationsschnipseln hat das Team die Möglichkeit, ohne formale Aufwände involviert zu bleiben.
Tools: Eine Messengeranwendung mit Gruppenchat z.B: Slack, Teams oder Skype
Tipp 3: Vereinbare Kommunikationswege
Man kann nicht nicht kommunizieren. Wie man aber kommuniziert, ist abhängig vom Inhalt, der Zielgruppe, der Wichtigkeit, der Dringlichkeit und einer ganzen Reihe anderer Faktoren. Dem kurzen Hallo am Morgen zum Beispiel sollte ein möglichst zügiges Hallo erwidert werden. Eine Vertragsänderung dagegen wird im Allgemeinen nicht spontan diskutiert, muss aber noch in ein paar Jahren gefunden werden. Ein Personalgespräch sollte am besten per Videoübertragung zwischen zwei Personen stattfinden, während ein Teammeeting allen die Möglichkeit geben sollte, sich einzubringen.
Es gibt kein Tool, dass für jede Form der Kommunikation und für jedes Team gleich gut geeignet ist. Aber es gibt viele Tools, die für bestimmte Kommunikationsaufgaben sehr gut geeignet sind. Es ist daher wichtig, dass im Team vereinbart wird, welche Tools für welche Art von Kommunikation genutzt werden.
Tools: Interne Diskussionen, kleine Informationen und Gespräche: Slack, Teams, Skype
Wichtige Ankündigungen und Informationen mit anderen Teams: Email
Dateiaustausch: Teamplace
Aufgabenmanagement: Trello, ClickUp
Tipp 4: Vereinbare Antwortzeiten
Ein Großteil der Bürokommunikation findet in Echtzeit statt. Das funktioniert, weil der Gesprächsuchende merkt, ob der Gesprächspartner verfügbar ist, bevor er anfängt zu reden. Im Homeoffice ist das nicht möglich. Du schreibst jemanden an, ohne zu wissen, ob Du gerade störst. Es ist deshalb normal, dass Du keine sofortige Antwort bekommt. Nachdem man das ein paar Tage erlebt hat, stellt sich aber die Frage, wie lange auf eine Antwort warten OK ist. Auch hier gilt, dass es keinen Wert gibt, der für alle Teams und jede Kommunikationsform gleichermaßen ideal ist. Für die verschiedenen Kommunikationswege sollten verschiedene Antwortzeiten vereinbart werden.
Beispiel: Anrufe = sofort, Messenger Nachrichten < 10 Minuten, Emails < 2 Stunden
Ein Büro stellt eine Arbeitsumgebung zur Verfügung, die der Produktivität förderlich ist. Das gleiche sollte auch von einem Heimarbeitsplatz erwartet werden. Mit der Beschreibung des Arbeitsplatzes kann sichergestellt werden, dass allen Beteiligten klar ist, dass z.B. der Strand oder die S-Bahn als Arbeitsplatz ungeeignet sind.
Tipp 1: Stuhl und Tisch
Es klingt offensichtlich, aber ist es nicht: ein Arbeitsplatz sollte einen Stuhl und einen Tisch haben. Die Verlockung von der Couch, dem Bett oder der Hängematte hinter dem Haus zu arbeiten, ist groß, aber langfristig nicht förderlich für kontinuierliche, konzentrierte Arbeit.
Tipp 2: eine Tür
Der Arbeitsplatz sollte ablenkungsfrei sein. Dazu zählt, dass es einen abgegrenzten Bereich gibt, in dem Du nicht gestört wirst. Ob jetzt ein Zimmer oder ein ganzes Haus – die Tür sorgt dafür, dass Du alleine sein und dich auf deine Aufgaben konzentrieren kannst. Zur Ablenkungsfreiheit gehören unter anderem auch, dass es keinen permanenten Lärm gibt, dass der Fernseher nicht läuft und dass Kinder oder Haustiere nicht aktiv betreut werden müssen.
Tipp 3: Computer Equipment
Damit Homeoffice ein Erfolg wird, muss jeder Mitarbeiter in der Lage sein, alle seine Arbeiten von seinem Heimarbeitsplatz aus zu erledigen. Daher ist es wichtig, dass der Computer, Monitor und das Internet ausreichend dimensioniert sind und zuverlässig funktionieren. Insbesondere hinzukommende Anforderungen durch Internettelefonie, Videokonferenzen und VPNs sollten nicht unterschätzt werden. Um mit Teammitgliedern kommunizieren zu können, sind ein hochwertiges Headset und eine Webcam nicht wegzudenken. Wenn Prozesse es erfordern, muss eventuell auch ein Drucker zur Voraussetzung gemacht werden.
Eine Teamkultur entwickelt sich von alleine. Die Teamkultur, die man haben möchte aber mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht. Es ist deshalb notwendig, die sozialen Aspekte der Zusammenarbeit im Büro auch im Homeoffice erlebbar zu machen. Das bedeutet eine Mischung aus Struktur und Freiheit.
Tipp 1: Fördere private Kommunikation
Für einige mag es albern erscheinen, aber Smileys, Bildchen und Videoclips helfen dem Zusammengehörigkeitsgefuehl. Auch sollte ermuntert werden, sich über persönliche Dinge, wie zum Beispiel Wochenendaktivitäten oder familiäre Situationen auszutauschen. Genauso, wie man im Büro nicht 4 Stunden bei der Kaffeemaschine steht und redet, muss das natürlich auch im Homeoffice im angemessenen Rahmen bleiben. Wichtig ist auch, dass diese Art des privaten Austauschs nicht zum Zwang wird. Es muss möglich sein, sich privat oder in einer Kleingruppe auszutauschen, damit nicht jeder zum Beispiel mitlesen muss, welcher Verein am Wochenende gespielt hat.
Tools: Messenger mit privatem Chat und Teilgruppen-Chat: Slack, Skype, Teams
Tipp 2: Plane regelmäßige soziale Events
Eine große Herausforderung für viele Homeoffice-Mitarbeiter ist das stark reduzierte soziale Umfeld. Insbesondere introvertierte Menschen interagieren mit anderen primär durch das Büroumfeld. Diese sozialen Kontakte sind nicht nur motivationsfördernd, sondern beeinflussen auch entscheidend Ideenreichtum und Kreativität. Man darf sie deshalb bei einem Framework für langfristige Homeoffice-Initiativen nicht ignorieren.
Eine einfache Empfehlung ist, einmal die Woche gemeinsam Mittag zu essen – vor der eigenen Webcam im Team. Oder man trifft sich vormittags zum Kaffeetrinken – mit eigenem Kaffee – im Chat. Sofern die Distanzen zwischen den Teammitgliedern es erlauben, ist es auch empfehlenswert, dass man alle zwei Wochen oder monatlich das Team oder immer wieder wechselnde Teile davon zusammenbringt und ein paar Stunden im gleichen Raum arbeitet.
Tipp 3: Organisiere Arbeit in Kleingruppen
Ein weiterer Weg, die Kommunikation zwischen Teammitgliedern zu fördern, ist, Aufgaben nicht an einzelne Personen, sondern an Kleingruppen von jeweils 2 Personen zu delegieren. Das hat nicht nur einen positiven Effekt auf die Qualität der Arbeit, sondern durch wechselnde Gruppenzugehörigkeit lernt das Team sich auch besser kennen und stellt sich aufeinander ein. Der Druck, formale Teambildungsmaßnahmen durchzuführen, verringert sich dadurch etwas.
Woran merkt man aber, dass das Arbeiten im Homeoffice nicht funktioniert? Du hast das Gefühl, dass Du mehr Zeit hast als im Büro und Du mit weniger Aufgaben überladen wirst. Das sind Indizen, dass die Kommunikation oder Arbeitsleistung möglicherweise noch nicht ausreichend angepasst sind. Überspitzt gesagt: Erst wenn die Teammitglieder im Homeoffice genauso oft unterbrochen werden wie im Büro, hat man ein Homeoffice-Konzept geschaffen, dass die gleiche Produktivität wie im Büro bietet. Das soll natürlich nicht heißen, dass man beim Wechsel ins Homeoffice nicht gleichzeitig ein paar Sachen verbessern könnte.